22.10.2020 | Kategorie : Spectrum

Anzug mit Drehwinkel

Das entscheidene Stück weiter.


Die reine Drehmomentmontage ist ein weit verbreitetes Verfahren zur Herstellung von Schraubenverbindungen. Bei anspruchsvollen Anforderungen an das Schraubergebnis kommt allerdings häufig der Anzug mit Hilfe des Drehwinkels zum Einsatz. Das bedeutet: Die Schraube wird vom Winkelstartmoment ausgehend in einem vorgegebenen Winkel angezogen. Das geeignete Winkelstartmoment und der Drehwinkel für die jeweilige Verbindung werden vor der Montage individuell und exakt berechnet, damit sie bei allen entsprechenden Verschraubungen unter gleichbleibenden Bedingungen wiederholt angewendet werden können.

Der drehwinkelkontrollierte Schraubenanzug ist aufgrund seiner höheren Komplexität vor allem im Falle von Sicherheitsvorgaben, beispielsweise zur Beachtung von Gefahren-Kategorien nach VDI/VDE 2862, vorgesehen. Der Grund: Weil sich der Drehwinkel über die Steigung der Schraube proportional zur Vorspannkraft verhält, lässt sich der Zielwert der geforderten Vorspannkraft mit seiner Hilfe deutlich genauer erzielen.

Bei Anwendung des Drehwinkelverfahrens wird die Streckgrenzkraft der Schraube in der Regel mehr oder weniger deutlich überschritten. Ein ausreichend großer Gleichmaßdehnungsbereich spielt für dieses Montageverfahren eine wichtige Rolle. Im Motorenbau werden deshalb häufig auch Dehnschrauben verwendet (z.B. im Zylinderkopf), die über einen deutlich größeren Gleichmaßdehnungsbereich verfügen als herkömmliche Vollschaftschrauben.

Ein weiterer Vorzug des Drehwinkelverfahrens liegt darin, dass anders als bei der reinen Drehmomentmontage eine zweite Überwachungsgröße herangezogen wird, was eine höhere Prozesssicherheit zur Folge hat.

 

Beispiel: Drehwinkelverschraubung mit Dehnschraube

  1. Schraubfall I.O. Drehwinkel und äquivalentes Endmoment innerhalb der vorgegebenen Toleranz. Sowohl der erreichte Drehwinkel als auch das zugehörige gemessene Drehmoment liegen innerhalb der Toleranzwerte.
  2. Schraubfall N.I.O. Drehwinkel innerhalb vorgegebener Toleranz, äquivalentes Endmoment nicht erreicht. Dies kann etwa eintreten, wenn das Winkelstartmoment fälschlicherweise zu früh erkannt wird.
  3. Schraubfall N.I.O. Drehwinkel bis zum maximalen äquivalenten Endmoment nicht erreicht. Hier wurde das maximal zulässige Drehmoment lange vor Erreichen dies Zielwinkels überschritten. Dies kann beispielsweise Folge eines beschädigten Gewindes sein.